Sprachstörungen bei Erwachsenen - Merkmale und Behandlungsmöglichkeiten

Was ist Aphasie?


Bei einer Aphasie handelt es sich um eine zentrale Sprachstörung. Es ist eine Störung der bereits erworbenen Fähigkeit zur Sprache, die durch eine Hirnschädigung verursacht wird. Dabei sind alle sprachlichen Modalitäten betroffen, wie das Sprachverstehen, die Sprachproduktion, das Lesen und Schreiben. Es ist jedoch keinesfalls eine Störung der Denkens oder der Intelligenz, sondern lediglich die Fähigkeit mit Sprache korrekt umzugehen ist in unterschiedlich starker Ausprägung beeinträchtigt.

Ursachen

Einer Aphasie liegt eine Schädigung der sprachdominanten Hirnhälfte zugrunde. Die häufigsten Ursachen sind:

  • Schlaganfall ( ist mit ca. 80% die Hauptursache)
  • Hirnblutung
  • Hirntumore
  • entzündliche Hirnerkrankungen
  • Schädel-Hirn-Trauma

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Welche Symptome können bei einer Sprachstörung (Aphasie) auftreten?


Wortfindungsstörungen:

Der Betroffene kann auf ein bestimmtes Wort nicht, nur verzögert oder teilweise zugreifen. Ihm fällt die Bezeichnung eines Gegenstandes, einer Eigenschaft, eines Ereignisses oder einer Tätigkeit nicht ein. Oft nutzen die Patienten Ersatzstrategien wie Umschreiben, Floskeln, Füllwörter oder brechen ab.

Störung des Sprachverständnis:

Die Fähigkeit Wörter, Sätze oder Gespräche zu verstehen ist beeinträchtigt.

Störung der Wortbedeutung:

Hier kommt es zu einer inhaltlichen Fehlbenennung eines Wortes, d.h. der Patient findet für ein Wort nicht den korrekten Ausdruck, sondern verwendet ein ähnliches Wort („Mutter“ statt „Frau“), verkürzt („waschen“ statt „abwaschen“) oder kreiert eine Wortneuschöpfung („Buchstabensammlung“ statt „Buch“)

Störung der Lautstruktur:

Ein Wort wird fehlgebildet. Es werden Laute ausgelassen, hinzugefügt, ausgetauscht oder umgestellt. So kann das Zielwort teilweise gar nicht mehr erkannt werden („Nabane“, „Balnane“ oder „Nane“ für „Banane“). Es kommen auch lautliche Wortneuschöpfungen vor, die keine Ähnlichkeit mehr mit dem korrekten Wort haben.

 

Störung der Grammatik und des Satzbaus:

Hier ist die bereits erworbene Fähigkeit zur korrekten Anwendung der Grammatik gestört. Dies kann sich ganz unterschiedlich äußern. Die Satzbildung und die Anwendung grammatikalischer Regeln sind gestört. Es können Satzabbrüche, Verschränkung von zwei Sätzen, Verkürzungen oder Satzverdopplungen auftreten. Möglich sind auch eine sehr vereinfachte Satzstruktur wie Zwei- oder Einwortsätze, fehlende Flexion oder Infinitivbildung. Zudem werden häufige grammatikalische Fehler gemacht, wie falsche Pluralbildung, Verbflexionen u.ä.

Sprachautomatismen:

Unter Sprachautomatismen versteht man formstarre, häufig auftretende und ständig wiederkehrende Äußerungen. Das können Wörter, Phrasen oder Silbenfolgen sein, die nicht in den Sprachkontext passen. Der Patient bringt sie nicht willkürlich sondern automatisch hervor, obwohl er eigentlich etwas anderes äußern möchte. So sagt er zum Beispiel immer nur „jajajaja“, „kann nicht. Kann nicht“ oder „kokokokoko“.

Störung des Lesens und Schreibens:

Es handelt sich um eine erworbene Störung des Lesens und /oder Schreibens. Dabei ist das Lesen bzw. Schreiben von Lauten, Silben, Wörtern oder Sätzen beeinträchtigt. Es werden Laute ausgelassen, vertauscht, hinzugefügt oder umgestellt. Ein Wort kann vom Betroffenen nicht korrekt verschriftlicht oder gelesen werden, es werden stattdessen lautlich oder inhaltlich ähnliche Wörter geschrieben bzw. gelesen. Zudem kann auch das Lesesinnverständnis gestört sein, d.h. der Patient kann dem Gelesenen nicht seinen vollständigen Sinn entnehmen und verseht nicht oder nicht alles, was er gelesen hat.

Sonstige Symptome:

Weitere Symptome sind das ungewollte Hängenbleiben an gerade Geäußertem oder das unbeabsichtigte Wiederholen der Äußerung des Gesprächspartners („Echolalie“).

Weiterhin kann die Sprechgeschwindigkeit gestört sein. Entweder durch eine sehr langsame stockende Sprechweise oder eine übersteigerte Geschwindigkeit. Auch ein ungehemmter, überschießender, inhaltsarmer Rededrang, der nur schwer zu unterbinden ist, kann auftreten („Logorrhoe“).

Zudem können prosodische Störungen vorkommen, d.h. die Sprachmelodie und Betonung sind gestört.

Sprachanstrengung, darunter versteht man Probleme sich sprachlich auszudrücken sowie Sprechanstrengung, das sind sprechmotorische Schwierigkeiten, bei denen Artikulation, Phonation und Sprachrthythmus beeinträchtigt sind, können auftreten.

Häufige nichtsprachliche Symptome:

Zusätzliche zu den oben genannten sprachlichen Auffälligkeiten, können noch eine Reihe ganzkörperliche Symptome auftreten:

  • Hemiparese (Halbseitenlähmung)
  • Gedächtnisstörungen
  • Konzentrations- und Aufmerksamkeitsprobleme
  • Wahrnehmungsstörungen
  • gestörter Ablauf von Handlungsfolgen (z.B. der Patient weiß nicht mehr in welcher Reihenfolge man Kaffee kocht, sich anzieht etc.)
  • Nichterkennen bestimmter Objekte (Agnosie)
  • Vernachlässigung einer Körperseite (Neglect)

Wann kann mit einer Aphasie Therapie begonnen werden?


Die logopädische Therapie sollte so früh wie möglich nach dem auslösenden Ereignis (z.B. Schlaganfall) beginnen. In der Regel werden schon im Krankenhaus auf der Stroke Unit erste logopädische Diagnostiken und Maßnahmen angewendet. Anschließend erfolgt eine intensive logopädische Behandlung, oft sogar mehrmals täglich, in der Rehaklinik. Danach findet die Therapie in regelmäßigen Abständen (je nach Verordnung ein- bis dreimal wöchentlich) über einen längeren Zeitraum (oft mehrere Jahre) in einer logopädischen Praxis oder als Hausbesuch statt.

Wie wird eine Aphasie behandelt?


Ziele:

Die Aphasietherapie hat in erster Linie die Verbesserung der kommunikativen und sprachlichen Fähigkeiten im Alltag zum Ziel. Es soll eine sprachliche Reorganisation sowie ein besserer Umgang des Patienten und seiner Umwelt mit der Störung erzielt werden. Der Patient soll bestmöglich am sozialen Leben teilhaben können. In den meisten Fällen kann eine Sprachstörung nicht geheilt werden. Durch die logopädische Behandlung kann jedoch eine Verbesserung der Symptome, die Erhaltung vorhandener sprachlicher Fähigkeiten und Kompensation erreicht werden.

Diagnostik:

Zunächst werden mit standardisierten Testverfahren alle sprachlichen Bereiche (Sprachproduktion, Verstehen, Artikulation, Satzbildung, Wortfindung, Lesen und Schreiben) geprüft und anschließend eine Diagnose mit dem genauen Ausmaß und Schweregrad der Aphasie gestellt. Hierzu erfolgt die Einteilung in bestimmte Aphasiesyndrome. Danach werden gemeinsam die individuellen Therapieziele festgelegt.

Therapie und Beratung:

In der Therapie wird dann je nach Störungsbild mit individuell angepassten Übungen in den betroffenen sprachlichen Bereichen gearbeitet. Es werden rezeptive und expressive sprachliche Fähigkeiten wieder aufgebaut und fehlerhafte Sprache korrigiert oder umgestaltet. Dabei sollen die Sprachregionen im Gehirn reaktiviert oder neustrukturiert werden. Teilweise kommen auch kompensatorische Maßnahmen wie Gesten, Zeichen, Kommunikationstafel o.ä. oder technische Kommunikationshilfen wie Sprachcomputer in Betracht.

Auch die Beratung des Patienten und seiner Angehörigen bildet einen wichtigen Therapiebestandteil. Dabei klärt der Therapeut über die Ursachen auf, die zu der Erkrankung geführt haben, bespricht die Auswirkungen der Störung und die Methoden und Ziele der Therapie. Es werden spezielle Hinweise und Tipps für den Umgang im Alltag gegeben und individuelle Kommunikationsstrategien erstellt.

Bei einer Aphasietherapie findet auch immer ein enger interdisziplinärer Austausch mit anderen Fachbereichen wie Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Psychologen sowie Ärzten statt.