Myofunktionelle Störungen

Merkmale myofunktioneller Störungen


Bei einer myofunktionellen Störung liegt eine Fehlfunktion der Muskulatur im Mund- und Gesichtsbereich (Lippen-, Zungen-, Wangenmuskulatur) vor. Dabei ist das orofaziale Muskelgleichgewicht, die Koordination und Beweglichkeit insbesondere von Lippen und Zunge sowie die Muskelspannung (Tonus) beeinträchtigt. Daher kann es zu Problemen beim Schlucken, der Aussprache sowie Zahn- und Kieferfehlstellungen kommen.

Ursachen myofunktioneller Störungen


Es gibt viele verschiedene Ursachen, die zur Entstehung einer myofunktionellen Störung beitragen können. Oftmals sind mehrere Faktoren über einen langen Zeitraum hinweg verantwortlich, man spricht von einer multifaktoriellen Genese.

  • Funktionelle Ursachen: z.B. Fehlhaltungen des Körpers oder Kopfes, über- oder unterspannter Muskeltonus
  • Organisch-medizinische Faktoren: häufige und wiederkehrende Erkrankungen im HNO-Bereich (vergrößerte Rachenmandeln, Polypen), Fehlstellungen im Mund-, Kiefer-, Gesichtsbereich (Zahn- und Kieferfehlstellungen, Lippen-Kiefer-Gaumenspalte)
  • Genetische Syndrome: z.B. Down Syndrom
  • Behinderte Nasenatmung (Allergien, häufige Infekte, verbogene Nasenscheidewand)
  • Ungünstige Kleinkindernährung (Flaschennahrung über zu großes Saugerloch)
  • Habituelle Faktoren: z.B. Schnuller, Daumenlutschen, Zähneknirschen, Zungenpressen

Erscheinungsformen myofunktioneller Störungen


Die optisch erste Auffälligkeit bei Kindern mit einer mundmotorischen Störung ist der fehlende Lippenschluss, das heißt der Mund steht offen und es besteht eine Mundatmung. Oft ist auch die Unterlippe vergrößert und vermehrter Speichel tritt aus oder klebt an den Mundwinkeln, die auch gerötet und eingerissen sein können. Insgesamt ist die mimische Muskulatur nur wenig ausgeprägt und die Gesichter wirken eher ausdruckslos. Die Zunge stößt in der Ruhelage, beim Sprechen und Schlucken gegen die Zähne oder schiebt sich dazwischen und ist von außen sichtbar. Dies macht sich unter anderem in Aussprachestörungen bemerkbar, insbesondere bei den Lauten die am Zahndamm bzw. den Lippen gebildet werden: s, z (Sigmatismus), sch, d, t, n und l. Sind mehrere Laute betroffen, so spricht man von einer multiplen Interdentalität.

Durch ein unpysiologisches Bewegungsmuster von Lippen und Zunge beim Schlucken, das sogenannte infantile Schluckmuster, kommt es dazu, dass die Zunge permanent gegen die Zähne drückt bzw. sich dazwischen schiebt (wir schlucken ca. 2000 mal am Tag!) und somit die Zähne und der Kiefer durch die Muskelkraft der Zunge verformt werden. Es entstehen Zahn- und Kieferfehlstellungen wie z.B. ein offener Biss, Kiefergelenksprobleme usw.

Begleitend sind oft auch Haltungsprobleme, insbesondere des Nackens und Rückens, Kopfschmerzen und eine insgesamt verminderte oder zu hohe Körperspannung zu beobachten.

 

Wie wird eine myofunktionelle Störung behandelt?


Ziel der logopädischen Therapie ist die Herstellung eines Muskelgleichgewichts im Mund- und Gesichtsbereich, Spannungszustände sollen ausgeglichen und falsche Bewegungsmuster sowie Habits abgewöhnt werden. Die gesunden Bewegungsmuster sowie Nasenatmung und Mundschluss werden erarbeitet und geübt, bis diese automatisiert sind. Dabei wird auch die Wahrnehmung und Sensibilität im Mundraum geschult.

Liegt ein falsches Schluckmuster vor, so muss dieses Stück für Stück abgebaut und das korrekte Schlucken angebahnt und gefestigt werden. Artikulationsstörungen lassen sich meist indirekt durch die Übungen der myofunktionellen Therapie beheben, da hier die physiologischen Zungen- und Lippenbewegungen trainiert werden, die auch für die korrekte Lautbildung ausschlaggebend sind. Gegebenenfalls erfolgt parallel eine begleitende Artikulationstherapie, jedoch müssen zuerst die grundlegenden mundmotorischen Funktionen erarbeitet werden. Grundsätzlich wird ebenso am gesamtkörperlichen Tonus gearbeitet und Haltungsübungen integriert. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Zahnarzt, Kieferorthopäde, HNO-Arzt, Kinderarzt, Physiotherapeut etc. bildet hierbei eine wichtige Basis der logopädischen Behandlung. Die Therapie kann unterstützend vor, während oder nach einer kieferorthopädischen oder zahnärztlichen Behandlung erfolgen.

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