Auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung (AVWS)

AVWS in der Logopädie Sprachanker behandeln lassen


Bei einer auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung werden akustische Informationen nicht ausreichend wahrgenommen, an das Gehirn weitergeleitet und verarbeitet, es handelt sich um eine zentrale Störung der Hörverarbeitung. Das periphere Hörorgan, also das Ohr selbst ist dabei absolut intakt und  weist keinerlei Beeinträchtigungen auf. Ein normaler Hörtest beim HNO-Arzt oder Pädaudiologen ist hier unauffällig. Auch liegt keine Intelligenzminderung beim Kind vor. Vielmehr ist der Hörnerv von einer Störung betroffen und leitet die akustischen Impulse nicht richtig an das Großhirn weiter. Bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen ist zudem oftmals die Konzentration und Merkspanne eingeschränkt. Häufig tritt eine AVWS im Zusammenhang mit einer allgemeinen Sprachentwicklungsstörung auf.

Ursachen

Bis heute sind die Ursachen einer AVWS nicht eindeutig geklärt. Es gibt aber bestimmte medizinische und umweltbedingte Faktoren, die im Zusammenhang stehen können:

  • chronische Mittelohrentzündungen
  • häufige langandauernde Paukenergüsse
  • Frühgeburten
  • frühkindliche Hirnschädigungen
  • familiäre Häufung
  • Umweltfaktoren z.B. fehlende Lernangebote, mangelndes Sprachangebot
  • allgemeine Entwicklungsstörungen

Wie werden AVWS festgestellt?


Ob eine auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung vorliegt, kann nur mit einer Reihe von speziellen audiometrischen Testverfahren in einem pädaudiologischen Zentrum oder bei speziell weitergebildeten HNO-Ärzten festgestellt werden. Dabei muss zunächst eine Störung des Hörorgans ausgeschlossen werden. Dies erfolgt durch einen normalen Hörtest, der ohne Befund ist. Im Anschluss werden viele verschiedene zentrale Hörtests durchgeführt. Das sind z.B. die Sprachaudiometrie im Störgeräusch, „beidohriges“ Hören (= dichotisches Hören) usw. Ein Test alleine ergibt dabei keine eindeutige Diagnose. Nur durch die Vielzahl der verschiedenen durchgeführten Tests, kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob es sich um eine AVWS handelt.

Zusätzlich werden im Rahmen der logopädischen Diagnostik einzelne auditive Teilfunktionen untersucht. Das sind Lokalisation (Richtungshören), Selektion und Diskrimination (Herausfiltern und Unterscheiden von Hörreizen) sowie das dichotische Hören („beidohriges“ Hören).

Welche Auffälligkeiten können Eltern oder Lehrer beobachten, die einen Verdacht auf eine auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung nahe legen?

  • Dem Kind ist es in Kindergarten, Schule, im Einkaufszentrum, bei Festen o.ä. zu laut, es hält sich die Ohren zu oder verlässt die Situation.
  • Weglassen von Buchstaben, Wörtern, Endungen
  • Vertauschen von ähnlichen Lauten und Wörtern
  • therapieresistente Sprachentwicklungsstörung, die logopädisch behandelt wurde
  • grammatikalische Unsicherheiten
  • häufiges Nachfragen in lauter Umgebung
  • keine oder unpassende Reaktion bei mündlich g
  • estellten Aufgaben oder es werden nur Teile davon erledigt
  • Das Kind wendet sich nicht oder verzögert dem Sprecher zu.
  • Das Kind kann die Richtung nicht bestimmen, aus der ein Geräusch kommt.
  • Viele Fehler bei Diktaten und im Kopfrechnen (versteht die mündlichen Aufgaben nicht oder nicht ausreichend)
  • Das Kind hört nur mit einem Ohr hin statt mit beiden Ohren, es dreht den Kopf zu einer Seite, um besser zuhören zu können.
  • Das Kind wird sehr laut, wenn sich mehrere Personen unterhalten. Lautes Fernsehen oder Radiohören.

Wie äußert sich eine AVWS?


Bei einer auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung können ganz verschiedene Symptome gleichzeitig in verschiedenen Bereichen der Hörwahrnehmung bzw. Hörverarbeitung auftreten. Hier ein Auszug der wichtigsten Leitsymptome:

  • Störung der auditiven Aufmerksamkeit: Das Kind wird schnell durch Umgebungsgeräusche abgelenkt und kann sich nur kurz Hörreizen zuwenden, da das Gehörte nicht oder nur teilweise wahrgenommen und verarbeitet wird. Dem Kind fällt es sehr schwer, zuzuhören und es kann seine Aufmerksamkeit nicht lange aufrechterhalten und sich nicht auf das Wesentliche konzentrieren.

 

  • Störung des Richtungshörens (Lokalisation): Die Richtung und Entfernung einer Schallquelle kann nicht oder nicht ausreichend wahrgenommen werden. Das Kind kann also nicht richtig einordnen, woher eine Schallquelle kommt und wendet sich nicht oder verzögert dem Sprecher zu.

 

  • Störung der auditiven Merkspanne: Das Kind kann sich die Hörinformationen nicht ausreichend merken. Die Sprachreize werden nicht lange genug gespeichert und können somit nicht weiter verarbeitet werden, also vergisst es wichtige Informationen.

 

  • Störung der Sequenz (Reihenfolge): Hier können die gehörten Reize nicht in der korrekten Reihenfolge wiedergegeben werden. So kann sich das Kind z.B. nicht die Reihenfolge der Laute im Wort oder der Wörter im Satz merken.

 

  • Störung der Selektion: Bei einer Selektionsstörung ist das Herausfiltern von akustischen Informationen gestört. Wenn gleichzeitig im Hintergrund Geräusche, wie Verkehrslärm, zu hören sind, können sich die Betroffenen ein Gespräch nur schwer oder nicht mehr verfolgen. So verstehen Schulkinder nicht, was der Lehrer sagt, wenn gleichzeitig Umgebungsgeräusche durch Mitschüler oder offene Fenster etc. auftreten. Unwichtige akustische Informationen können nicht von wichtigen unterschieden werden.

 

  • Störung der Diskrimination: Hier können ähnlich klingende Laute, Silben oder Wörter nicht als unterschiedlich wahrgenommen werden. Es kommt zu Vertauschungen von ähnlichen Lauten (/i/ und /e/, /k/ und /g/, /n/ und /m/ usw.) und Wörtern (/im/ und /in/, /Nuss/ und /muss/, /Kanne/ und /Tanne/…) beim Sprechen, Lesen und Dadurch kommt es auch zu Schwierigkeiten Gesprochenes richtig zu verstehen.

 

  • Störung der Identifikation: Das Kind ist nicht in der Lage einzelne Laute aus einer größeren Einheit (Silbe, Wort) herauszuhören. Somit werden nicht alle Laute in einem Wort identifiziert, was zu Probleme beim Schreiben führt. Es kann auch die Positionsbestimmung der Laute im Wort gestört sein. Dann kann das Kind nicht bestimmen, ob sich ein Laut am Anfang, in der Mitte oder am Ende des Wortes befindet.

 

  • Störung der Synthese: Hier kann der Betroffene die Laute nicht zu einer sinnvollen Einheit (Silbe, Wort) zusammenziehen. Dadurch wird das Lesen von Wörtern oder Sätzen erschwert.

Was passiert in der Therapie einer AVWS?


Ein zentrales Thema der logopädischen Therapie bildet die Beratung der Eltern, Erzieher, Lehrer und weiterer Personen im Umfeld des Kindes oder Jugendlichen zur Aufklärung und Anpassung der Hörumgebung (Optimierung der Raumakustik, Umsetzen im Klassenzimmer etc.). Parallel erfolgt eine gezielte Behandlung der individuell gestörten auditiven Teilfunktionen (siehe Leitsymptome) mit Hilfe spezieller Trainingsprogramme. Wichtig ist dabei ein hochfrequentes kontinuierliches Üben, auch zu Hause. In der Therapie ist ebenso die Arbeit mit Computerprogrammen sinnvoll, insbesondere zum Training der Selektionsfähigkeit.

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